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Wie das Gehirn ursächliche Zusammenhänge erkennt

Tübinger Forscher finden heraus: Spiegelneurone sind an der Wahrnehmung von Kausalität beteiligt

Eine weiße Kugel schießt über den Billardtisch und stößt eine blaue Kugel an, die daraufhin losrollt und im Loch versinkt. Instinktiv ist uns klar: Der Zusammenprall löste die Bewegung der blauen Kugel aus. Unter der Leitung von Professor Martin Giese und Professor Hans-Peter Thier haben Forscher am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung und dem Exzellenzcluster Werner Reichardt Centrum für Integrative Neurowissenschaften der Universität Tübingen nun Nervenzellen entdeckt, die möglicherweise an der Wahrnehmung von ursächlichen Zusammenhängen beteiligt sind. In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Current Biology berichten sie: Während wir eine solche Szene betrachten, aktiviert der abstrakte Kausalitätsreiz sogenannte Spiegelneurone im Gehirn. Diese Nervenzellen sind auch beim Ausführen und Betrachten motorischer Handlungen aktiv. Sie spiegeln das Geschehen, auch wenn der Beobachter an den Handlungen nicht aktiv beteiligt ist.

„Bislang war nicht bekannt, wie Kausalitätsurteile auf der Ebene von Nervenzellen verarbeitet werden“, erklärt Martin Giese. „Man vermutete jedoch einen Zusammenhang mit der Verarbeitung von motorischen Handlungen – in beiden Fällen muss das Gehirn räumlich-zeitliche Zusammenhänge zwischen Reizen auswerten, die sich gegenseitig beeinflussen.“

In ihrer Studie maßen die Wissenschaftler die Aktivität der Spiegelneurone in der motorischen Hirnrinde von Makaken. Während des Experiments wurden den Tieren auf einem Bildschirm natürliche Handbewegungen sowie abstrakte Reize in Form von bewegten Scheiben gezeigt. Der Bewegungsverlauf der Hände und Scheiben wird durch die gleichen kausalen Beziehungen beschrieben. Es zeigte sich: Die Aktivitätsmuster der Spiegelneurone waren für beide Reizarten fast identisch. „Das Ergebnis deutet darauf hin, dass motorische Bewegungen und bestimmte Aspekte visueller Kausalitätsurteile möglicherweise gemeinsam von den gleichen Nervenzellen verarbeitet werden“, so Giese. „Beide Funktionen greifen scheinbar auf überlappende Gehirnbereiche zurück.“ Die Forscher vermuten, dass höhere Formen der Kausalitätswahrnehmung aus einfachen Mechanismen der Bewegungserkennung und Interpretation entstanden sein könnten.


Originalpublikation:

Vittorio Caggiano, Falk Fleischer, Jörn K. Pomper, Martin Giese & Peter Thier (2016): Mirror neurons in monkey premotor area F5 show tuning for critical features of visual causality perception. http://dx.doi.org/10.1016/j.cub.2016.10.007

 

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