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Personalisierte Hirnstimulation soll Lähmungen nach Schlaganfall lindern

Multizentren-Studie unter Tübinger Leitung wird mit 1,6 Millionen Euro gefördert

Jeder 40. Mensch in Deutschland ist von ihm betroffen: einem Schlaganfall. Bei knapp 70 Prozent der Betroffenen bleiben Lähmungen in Armen oder Beinen zurück. Sie können im Alltag stark beeinträchtigen. Ein Team um den Neurologen Prof. Dr. Ulf Ziemann vom Hertie-Institut für klinische Hirnforschung und dem Universitätsklinikum Tübingen sagt den Lähmungen nun mit einer neuen Therapie den Kampf an. Um die Erscheinungen zu mindern, werden sie die Patientinnen und Patienten im Rahmen einer Studie bereits in den ersten zwei Wochen nach dem Schlaganfall mit einer personalisierten Hirnstimulation behandeln. Bislang wird standardgemäß mit Hilfe von Physiotherapie über Monate und Jahre versucht, die gelähmte Körperseite zu trainieren – oftmals nur mit mittelmäßigem Erfolg. Die Studie läuft unter Tübinger Leitung im Oktober an sechs deutschen Universitätsklinika an und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 1,6 Millionen Euro gefördert.

„Bei der Studie verwenden wir transkranielle Magnetstimulation, kurz TMS,“ erklärt Studienärztin Dr. Anne Lieb. „Das ist ein nicht-invasives, schmerzfreies und komplikationsarmes Verfahren, das gut erforscht ist.“ Leichte Magnetimpulse sollen Gehirnzellen dazu bringen, neue Verknüpfungen einzugehen, um die alten zerstörten Verbindungen zu ersetzen.

Damit die Behandlung möglichst wirkungsvoll ist, haben die Forschenden die Methode verfeinert: Bei ihrem Ansatz wird die Stimulation exakt auf den Hirnzustand des Patienten oder der Patientin abgestimmt. Dazu analysiert ein Elektroenzephalogramm (EEG) den momentanen Erregungszustand des Gehirns in Echtzeit und ermöglicht so, die Magnetimpulse zum optimalen Zeitpunkt zu setzen.

„Mit dieser sogenannten Closed-Loop-Methode haben wir schon Hand- oder Armlähmungen einzelner Schlaganfallpatientinnen und -patienten erfolgreich behandeln können,“ berichtet Studienleiter Ziemann. „Hier erfolgte die Stimulation allerdings in einer späteren Krankheitsphase; der Schlaganfall lag bereits mehrere Wochen oder Monate zurück.“

Nun soll die personalisierte Hirnstimulation erstmals in der Akutphase eines Schlaganfalls angewendet und systematisch untersucht werden. „In den ersten Tagen nach einem Schlaganfall geschieht ganz viel im Gehirn. Durch einen frühzeitigen Beginn der Therapie erhoffen wir uns daher den bestmöglichen Erfolg.“

Im Rahmen der deutschlandweiten Studie sollen rund 70 Patientinnen und Patienten mit der neuen Methode behandelt werden. Als Kontrollgruppe sollen weitere 70 akute Schlaganfallpatientinnen und -patienten mit einem konventionellen nicht-personalisierten TMS-Protokoll therapiert werden. Alle Studienteilnehmenden erhalten zusätzlich zur Hirnstimulation die Standardversorgung mit Physiotherapie.

Die Studie wird im Oktober unter Leitung von Professor Dr. Ulf Ziemann an sechs deutschen Zentren anlaufen. Neben Tübingen sind die Universitätsklinika in Köln, Leipzig, Greifswald, Mainz und Münster beteiligt. Das BMBF unterstützt das Forschungsvorhaben mit einer Gesamtsumme von rund 1,6 Millionen Euro.

„Sollte die personalisierte Hirnstimulation im Akutstadium nach einem Schlaganfall Erfolg zeigen, ist unser Ziel, dass sie künftig als Verfahren in der Standardbehandlung aufgenommen wird“, so Ziemann. „Wenn die Therapie Lähmungserscheinungen mindert, so ist das nicht nur ein Hoffnungsschimmer für Betroffene und ihre Angehörigen, sondern entlastet auch langfristig das Gesundheitssystem."

Personalisierte Hirnstimulation eines gesunden Probanden. Eine Magnetspule stimuliert sein Gehirn von außen während gleichzeitig der momentane Erregungszustand mit einem EEG gemessen wird. Rechts im Bild: Prof. Dr. Ziemann.

Copyright: Fabian Zapatka / HIH

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